Albanien, der Süden

Von der Vikos Schlucht war es nicht mehr weit bis zur Albanischen Grenze. Im letzten Dorf haben wir noch ein paar Einkäufe erledigt aber eine Post gab es leider nicht.

Die grosse, breite Hauptstrasse zur Grenze war erstaunlich leer, wenige Autos und ein paar Busse aber fast keine Lastwagen. Dafür gab es dann zwischen den zwei Grenzstellen einen Duty-free Laden mit dem gleichen Zeug wie man es vom Flughafen kennt: Schnaps, Zigaretten und Toblerone im Grosspack. Nichts für uns Velofahrer;-)

Albanien ist für uns im Moment noch etwas gemischt.
Die Touristenorte am Anfang, Gjirokastër und Ksamil, waren schrecklich, überall wird gebaut, vieles davon noch halbfertig. Gjirokastër, die Stadt aus Stein, ist in jedem Reiseführer drin und auch bei der UNESCO aufgeführt aber als wir da waren, wussten wir nicht so recht, wieso genau wir diese Stadt jetzt unbedingt sehen müssen. Die Dörfer in den griechischen Bergen wie Monodendri, auch mit vielen Steinhäusern, hatten uns viel besser gefallen. Trotzdem ist diese Stadt aus albanischer Sicht etwas spezielles. Bemerkenswert war auch die Kluft zwischen dem alten restaurierten Teil und dem neuen Teil der Stadt der wild zusammengewürfelt, teilweise am Verfallen, teilweise nicht fertig ist.

Wir wurden ja vor dem Verkehr in Albanien bzw. südlich von Kroatien gewarnt und waren auf das Schlimmste gefasst. Naja, wirklich schlimm ist es nicht und wie so oft, es sind mal wieder nur wenige die es ausmachen. Gerade am Wochenende haben wir mehrere übermotorisierte Autos (Marke Mercedes oder BMW) erlebt die auf den kurvigen Strassen am Rasen waren (wo auch mal das Heck ausbricht) oder vor engen Kurven noch schnell überholen.
Aber als Velofahrer in Zürich ist man ja abgehärtet.

Was uns hingegen sehr gefällt, ist das viele frische Gemüse, das es überall günstig zu kaufen gibt. Wir decken uns gefühlt mit einem Berg Tomaten, Peperoni, Zwiebeln, Karotten, rote Beete oder Orangen ein und zahlen zwei bis drei Franken. Den ein Meter langen Lauch haben wir aber noch nicht ausprobiert…

Und ja, es gibt tatsächlich an vielen Stellen Bunker in Albanien. Kleine Halbkugeln die aus dem Boden gucken und vor sich hin verrotten.

Auf dem Weg an die Küste nach Ksamil sind wir noch bei der sehr tiefen und Wasserreichen Quelle “Blue Eye” vorbei. Da war es auch viel mehr touristisch ausgebaut als erwartet mit Restaurant, Trotinettverleih etc. aber der Fluss ist schön und da 1. Mai war, gab es auch live Musik und viel Albaner in Feierlaune.

Südlich vom Strandferienort Ksamil mit seinen Hotelanlagen und Baustellen ist Butrint, eine archäologische Ausgrabungsstätte auf einer Halbinsel die von Griechen und Römern bewohnt und immer wieder ausgebaut wurde.

Cäsar schickte z.B. seine Soldaten nach Butrint zur Kur. Interessant war da z. B. das römische Theater, bei welchem ein Teil des Bühnenbildes noch steht, das bei den bisherigen Ausgrabungen nie erhalten war und immer nur auf Rekonstruktionen zu sehen war. In der runden byzantinischen Taufkirche hat es ein komplett erhaltenes Mosaik das aber nur alle paar Jahre zu sehen ist, wenn sie es wieder für kurze Zeit freilegen. Sonst bleibt es zum Schutz verdeckt.

Auf dem Campingplatz in Ksamil haben wir dann auch unseren ersten Pausentag, ohne Besichtigung oder Velofahren, verbracht. Der lange Tisch da war sehr einladend um gegenseitig Reisetipps und Geschichten auszutauschen. Es fühlte sich schon fast an wie in einem guten Hostel. Es gab einen Teppich für unser Zelt, damit es nicht auf den Steinen steht, und sogar ein Dach, wo wir es darunter aufstellen konnten. Perfekt gegen den angekündigten Regen.

Ausgerüstet mit Tipps und einem groben Plan für die nächsten Wochen sind wir in die Berge im Osten gefahren anstatt der Küste entlang und es ist wirklich toll. Der Flusslauf des Vjosa ist noch komplett natürlich, ohne Eingriffe des Menschen. Das blaue Wasser schlängelt sich durch das weite Tal. Es ist unglaublich natürlich hier, viele Insekten und Vogelgezwitscher überall, das kann man sich bei uns nicht mehr vorstellen.

In Permet blieben wir darum dann auch zwei Nächte auf dem Campingplatz. Angela hat die Gelegenheit genutzt und für 30€ eine zweistündige Flussfahrt gemacht, ein grosser Spass.

Ganz in der Nähe gibt es in einer schönen Schlucht auch warme Quellen, in denen man baden kann. Da es Wochenende war, war es schon fast ein Volksfest, mit vielen Albanern, die für die heilende Wirkung des Wassers extra zum Baden kommen. Eintritt frei.

Diesem Fluss ging es dann weiter entlang bis an die griechichsche Grenze, aber wir haben nur eine ehemalige Grenzbrücke als Platz fürs Mittagessen genutzt.

Nach einem langen Aufstieg und Fahrt durch einen schönen, fast verkehrslosen Wald, haben wir dann auf einer Farm gezeltet, die neben anderen touristischen Angeboten auch ein Restaurant mit eigenen Forellen und selber gebackenem Brot hat.

Frisch gestärkt haben wir auch die 2 Pässe nach Korçë gut geschafft. Die Strecke war auch der Hammer, durch Mischwälder, in immer neue Täler, an kleinen Dörfern vorbei, mit wenig Verkehr. Mittagessen gabs unter einem grossen Baum, auf einer Wiese mit Blick in die Berge.

In Korçë haben wir das gleiche Hotel genommen, von dem Urban in seinem Blog schon geschwärmt hat. Es war wirklich eine gute Wahl, schön eingerichtet und super leckeres Frühstück mit Omeletten, Rührei, frisch gebackenen Brötchen und Porridge.

Am Abend haben wir uns das Fotomuseum über Gjon Mili, einen bekannten Fotografen, angeschaut. Er hat mit Mehrfachbelichtungen und Langzeitbelichtung herumgespielt und u.a. Picasso dazu gebracht, mit einer Taschenlampe das Motiv zu mahlen.

Am nächsten Morgen gingen wir auch noch ins Museum für mittelalterliche Kunst, wo christliche Ikonen aus byzantinischer Zeit und später ausgestellt werden, die sowohl die osmanische Besetzung als auch die sozialistische Zeit überlebt haben. Es war irgendwie spannend, aber auch sehr anstrengend.

Auf dem Rückweg zum Hotel hat Angela einen Quartierfriseursalon gesehen und sich spontan entschieden, dass es nun Zeit für eine sommerliche Kurzhaarfrisur ist. Die Kommunikation funktionierte mit einer Kombination aus Englisch, Deutsch, Gesten, Google Translator und viel Lachen aller anwesenden.

Nach Korçë sind wir dann über die landwirtschaftlich genutzte Hochebene mit recht viel Verkehr und dann runter an den Ohrid See gefahren. Zum Abendessen gab es dann die von Uli empfohlene und tatsächlich sehr sehr leckere Forelle.

Fazit vom ersten Teil Albanien: sehr freundliche, kontaktfreudige Menschen, ein paar wenige Spinner auf den Strassen, Landschaft und Natur top, Vermüllung an den Strassenrändern flop.

Vorige Etappe: Abstecher nach Thessaloniki, von Meteora bis zur Vikos Schlucht
Nächste Etappe: Nordmazedonien

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