Ihr habt schon eine Weile nichts mehr von uns gehört. Das liegt daran, dass wir hier in Montenegro ganz viel unternehmen und das Land kreuz und quer bereisen. Es gibt jetzt noch weniger Velokilometer dafür mehr zu Fuss.
Montenegro oder übersetzt “Schwarze Berge” besteht mehrheitlich aus Bergen, Schluchten, Almen, kleinen Dörfern, schmalen Strassen und viel Natur. Das macht dieses kleine Land zu einem sehr interessanten Velo- und Wanderland.
Am ersten Tag in Montenegro sind wir in Plav entlang eines kleinen Sees schon in einen Halb-Marathon geraten. Aber mit dem Velo war es sehr einfach da durchzukommen, ganz im Gegensatz zu damals in Wien 2017.
An diesem Tag ging es einen Pass hoch zum Startpunkt unserer ersten Wanderung rund um den Komovi.
Am Morgen sind wir früh los, da eine lange 20 km Tour vor uns stand. Noch im Nebel sind wir die ersten Kilometer gewandert bevor wir dann auf einem Sattel zum ersten Mal überhaupt den Komovi erblickten.
Nun kamen abwechslungrsreiche Etappen durch buschige Ebenen, steinige Steilhänge, karstige Hochebenen und ehemalige Almen. Der Komovi und die umliegenden Berge boten schöne Anblicke und einen Vorgeschmack auf das, was noch vor uns liegt. Nach dem Mittagessen ging es via eines weiteren Sattels auf der anderen Seite wieder über Almen, Täler und Wälder zurück.
Ziemlich müde von dieser langen Wanderung sind wir dann noch den Pass auf der anderen Seite runter gefahren und haben in Kolašin ein schönes Appartement mit einer super Vermieterin gefunden, wo wir dann zuerst mal richtig ausgeschlafen haben.
Nach dem Ausschlafen war Planen angesagt, wo wir denn genau hinwollen und wo wir welche Wanderung machen möchten. Dazu kam auch noch, dass dann auch noch ein paar Tage Regenwetter angesagt waren. Hat uns dann gut den Rest dieses Tages beschäftigt. Der Zufall wollte es, dass im Appartement nebenan ein weiterer Velofahrer, Paul aus den USA, eingezogen ist. Wir sind dann zusammen im Restaurant essen gegangen und haben Erlebnisse aus dem Balkan und anderen Reisen ausgetauscht.
Generell haben wir in Montenegro mehr Tourenfahrer angetroffen und so mehrere Abende mit Gleichgesinnten verbracht (auch ein Grund, wieso wir mit Schreiben hinterher sind).
Kolašin selber ist ein Bergsportort: Es gibt da nichts Spezielles ausser viele Wanderwege und Almen zu erkunden. Die Wanderwege hier sind super in Schuss und gut markiert. Auch hat es in Montenegro markant weniger Müll neben den Strassen und in der Natur als bisher und die Wanderwege sind so richtig sauber wie bei uns auch! Unsere Wanderung führte uns durch Wälder und Bäche einen Hang hinauf an kleinen Wasserfällen vorbei zu blumigen Bergwiesen mit vielen Schmetterlingen und Insekten. Der Abstieg brachte uns dann Ausblicke auf die umliegenden Berge, Kolašin und einen Vorgeschmack auf das aufwändige Eisenbahntrasse in dieser Region.
Da der Regen nördlich von Kolašin vorhergesagt war, sind wir durch ein paralleles Tal wieder Richtung Süden gefahren. Ein steiles Tal mit vielen Tunnels und Brücken und für uns sehr angenehm, da es unerwarteterweise wenig Verkehr dort hindurch gibt. Am Weg lag ein kleines Kloster, welches einen super gemütlichen Innenhof besitzt mit schön gepflegtem Garten mit vielen Blumen, Bänken und schlafenden Katzen.
Das eigentliche Ziel war die Mrtvica Schlucht, die wir am nächsten Tag zu Fuss erkunden wollten. Daraus wurde eine 5-Stunden-Wanderung im strömenden Regen, durch moosverhangenen Wald in eine schmale, hohe Schlucht, in die der Wanderweg zum Schluss regelrecht in den Felsen gehauen wurde. Zum Glück war es nicht kalt, denn wir waren durchnässt bis auf die Unterhosen und dem Zelt erging es nicht besser.
Angelas Velo bekam das Regenwetter auch nicht gut, so dass der Lenker von Zeit zu Zeit klemmte. So fuhren wir nach der Wanderung, pitschnass, noch nach Podgorica runter, wo uns ein Velomech empfohlen worden war.
Dieser ersetzte das Kugellager für 10€, schenkte Angela noch ein Ersatzkugellager und bot uns sogar an, uns in ein Hostel in der Nähe zu fahren. Wir fanden aber ein einfaches Appartement gleich um die Ecke vom Velomech, wo wir genug Platz hatten, alle unsere nassen Kleider und das Zelt zum Trocknen auszubreiten.
In der Hoffnung, den schlimmsten Regen überstanden zu haben, nahmen wir am nächsten Morgen sehr, sehr früh (6:10) den Zug wieder hoch in die Berge, an Kolašin vorbei zum Nationalpark Biogradska Gora. Wie uns von unserer Vermieterin in Kolašin schon prophezeit worden war, war die Zugreise “interesting”. Angefangen beim Bahnhof im Aussenquartier von Podgorica, der aus einem Betonverschlag und einer Art Peron bestand, über die sehr alten Passagierwagen mit Sechserabteilen, das wir mit drei sehr netten älteren Montenegriner:innen teilten, das von Hand ausgestellte Zugticket bis zu der spektakulären Fahrt auf einem Bergkamm, durch Tunnels und Brücken, die der Schweiz in nichts nachsteht.
Der Ausstiegsbahnhof war dann noch minimalistischer, lediglich eine unwirtliche Hütte mit dem Ortsnamen verriet, dass hier überhaupt ein Bahnhof ist. Zur Strasse führte lediglich ein schmaler, mit Gras überwachsener Weg.
Kaum angekommen, fing es wieder an zu schütten. Wir flüchteten in ein Kaffee, in der Hoffnung, es sei nur ein kurzer Schauer. Jedes Mal, wenn der Himmel etwas heller wurde, packten wir unsere Sachen zusammen, nur um dann die nächste Sintflut ankommen zu sehen. Dieses Spiel zog sich drei Stunden hin, die Christoph schliesslich für die detaillierte Recherche von Imprägniermitteln nutzte.
Um den Mittag rum hörte es dann endlich doch noch auf zu regnen und wir fuhren die kurze Strecke zum Biogradsko See hinauf und nutzten den Nachmittag noch, das Seeufer und den zugehörigen Themenpfad zu erkunden. Der Biogradska Gora ist einer der ältesten Nationalparks in Europa. Der Wald sei noch Urwald, grösstenteils unberührt. Vielleicht wegen des Wetters oder wegen der vielen Touristen, wir wissen es nicht so genau, haben wir kaum Tiere in diesem Wald gesehen. Wir waren 2017 in Polen in einem ähnlich alten Nationalpark und dort hat sich der Wald angefühlt wie der Regenwald im Amazonas: Lebendig, voller Insekten und Tieren wie Vögel und Eichhörnchen. Hier war der Wald wie alle anderen Wälder in Montenegro, lebendiger und wilder als unsere gepflanzten Wälder, aber nicht ganz so aussergewöhnlich, wie wir das aus Polen kennen.
Der See war auch der Ausgangspunkt für eine Zweitageswanderung um den Nationalpark herum. Wir konnten unser Gepäck und die Velos freundlicherweise in der Hütte der Parkranger zwischenlagern und erklommen die ca. 400 Hm auf den Berg. Es folgte eine schöne Höhenwanderung auf der umliegenden Hügelkette, aber leider wegen der Wolken nicht ganz so spektakulär wie im Wanderführer beschrieben. Genossen haben wir die Zeit trotzdem, vor allem das Essen im Katun Vranjak, wo man in kleinen Hüttchen übernachten und ausgezeichnet montenegrinisch essen kann.
Am zweiten Tag hat sich uns auch noch ein Hund angeschlossen, der uns über die Bergwiesen bis zum See zurück begleitet hat. Es war überraschend, wie schnell wir uns für das Tier verantwortlich fühlten, das uns aus freien Stücken den ganzen Weg bis zum See zurück, immerhin 17 km weit, treu folgte und das Geleit zugleich auch genossen.
Oberhalb des Sees durften wir dann in einem anderen Katun in der Hütte unser Picknick verspeisen. Es hatte den ganzen Morgen immer wieder genieselt und es gab keine Sitzgelegenheiten unterwegs, so dass wir froh waren, endlich eine Pause im Warmen machen zu können. Das Katun hatte sogar Liegestühle und einen einfachen Swimmingpool. Richtig luxuriös für einen Ort ohne Strom und ohne Handyempfang. Der Strom wird von Solarpanels generiert, die von einer Gruppe aus der Schweiz gesponsert worden waren.
Frisch gestärkt war es nicht mehr weit zum See. Wir erklommen erst noch einen Berg, mit spektakulärer Aussicht, und später einen Aussichtsturm, der aber so zugewachsen ist, dass man nur den Wald rundrum sieht.
Zurück beim See holten wir unser Gepäck, packten die Räder, verabschiedeten uns vom Hund und fuhren weiter in Richtung heisse Dusche und Tara Schlucht.
Vorige Etappe: Albanien der Norden
Nächste Etappe: Montenegro Teil 2
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