Von Peja ging es einmal über die Hügelkette nach Albanien. Die Strasse dort hin war erstaunlich ruhig und der Zoll zwischen Kosovo und Albanien wird in einem gemeinsamen Zollamt geführt, wie Christoph das von Schweiz/Deutschland Zollämtern schon kennt. Mit Ausnahme der Kühe, die gleich daneben friedlich grasen.
Den Rest vom Tag hiess es bergauf. Bei sommerlichen Temperaturen ging es das Valbone Tal hoch, um dann am nächsten Tag die beliebte Wanderung (wenigstens zur Hälfte) nach Theth zu machen.
Valbona ist eine kurlige Mischung aus Massentourismus und Bauerndorf. Jede Familie bietet Unterkünfte und Essen an und hält daneben noch Hühner, Kühe oder Pferde und hat einen kleinen Acker, wo Essen angebaut wird. Die Kühe und Hühner laufen tagsüber frei im Dorf rum, um dann Abends wieder in den Stall getrieben zu werden.
Die Wanderung zum Pass nach Theth war der Hammer. Das Tal ist umgeben von steilen Felsen und man wandert durch Wald und über Wiesen bis zum Pass hoch. Es ist eine sehr beliebte Wanderung, entsprechend waren viele Gruppen unterwegs. Auf dem Pass gab es Mittagessen mit Aussicht in die umliegenden Berge, als plötzlich ein Pferd den Pass hoch gerannt kam und laut nach seiner Herde wieherte. Als wäre es nichts weiter, ist es bis zum Gipfel hoch geklettert, um dann auf der anderen Seite des Passes wieder runter zu galoppieren. Wir waren sehr beeindruckt, wie schnell das Tier in dem steilen und felsigen Gelände unterwegs war.
Am nächsten Morgen ging es wieder früh los, damit wir um 13 Uhr die Fähre erwischen. Also das Tal runtersausen, Proviant auffüllen und weiter zum Koman Stausee auf die Fähre.
Der Stausee ist in einer langen Schlucht, die sich ab und an verzweigt, eine gemütliche 2,5-stündige Bootsfahrt mit fantastischer Sicht auf die Felsformationen.
Der Fährhafen in Koman liegt direkt neben der Staumauer und ist auf dem Landweg nur durch einen Tunnel zu erreichen. Entsprechend eng ist das “Hafengelände” und es war zeitweise schier unmöglich, sich zu bewegen, so viele Autos und Busse tummelten sich auf dem engen Raum und versuchten zu wenden. Wir haben währenddessen noch mit zwei Zürchern geschwatzt, die ebenfalls mit dem Fahrrad unterwegs waren, nur leider auf der anderen Fähre.
Die folgende Nacht verbrachten wir auf einem einfachen Camping in Koman, auch der bisher günstigste mit 5 € für 2 Personen mit Zelt. Es hatte eine warme Dusche, zwei Toiletten, Tisch und Bänke, also alles da, was wir brauchen Die Nacht war dann doch eher ungemütlich, wir waren mitten in einem Gewitter, mit Blitzen, die rund um uns einschlugen. Um 2 Uhr war der Spuk zum Glück vorbei und wir haben noch ein paar Stunden ruhig schlafen können.
Wir erwähnen den Preis, weil die Preise in Albanien uns teilweise sehr willkürlich vorkamen, zumindest für touristische Dienstleistungen. So war der teuerste Camping der bisherigen Reise auch in Albanien, wo sie für die gleiche Dienstleistung 24 € verlangten. Es scheint manchmal, dass sie einfach ausprobieren, was denn die Mitteleuropäer so bereit sind, zu zahlen.
Die Fahrt weiter nach Shkoder dauerte etwas länger als üblich, denn die Strasse war stellenweise in einem miserablen Zustand.
Kurz vor Shkoder gab es dann Mittagessen auf einem Dorfplatz. Wir wurden sofort von Kindern umringt und hatten ein ausgiebiges Gespräch mit Anise und Alberta, die schon sehr gut Englisch sprechen. Anise will einmal ihr eigenes Coiffeurgeschäft eröffnen und hat uns ausgefragt, wie es in der Schweiz so sei und was wir von Beruf machen. So viel hatten wir noch kaum mit Albanern gesprochen.
In Shkoder mussten wir dann einige Teile ersetzen. Die Schrauben von Christophs Veloständer sind gebrochen (Hey, das letzte mal wurde er in UK repariert). Hat diesmal immerhin schon wieder 56 Tage durchgehalten. Der Ständer von Angela (Marke Hebie) hält bisher allen Widrigkeiten Stand.
Beim ersten Velomech den wir gesehen haben, wollte Christoph nach zwei Schrauben fragen. Wir konnten kaum so schnell zuschauen wie der Mechaniker schnell die Bohrmaschine gezückt hat um Platz für grössere M5 Schrauben zu machen und den Ständer wieder montiert hat. Kosten 3 €. Damals in UK war das eine grosse Sache die ca. einen halben Tag herumfragen und am Schluss nur durch die Hilfe eines Warmshowers zeitnah repariert werden konnte…
Shokder ist auch die Velostadt schlecht hin in Albanien, getrennte Velowege so dass Autos eben NICHT darauf parkieren können. Und siehe da, es sind viele Menschen, jung/alt, arm/reich, mit Velos unterwegs.
Eine einfache Blache für unters Zelt war unerwarteter Weise eine viel kompliziertere Sache zu finden, was uns in zig Läden geführt hat, und ca. 3 h in Anspruch genommen hat. Wir waren schon fast beim Camping und einmal kreuz und quer durch Shkoder (immerhin die zweitgrösste Stadt Albaniens) gefahren, als wir endlich fündig wurden.
Auf dem bisher modernsten Camping, dem Shkodra Lake Resort, war eigentlich endlich mal Ausschlafen angesagt, wenn da nicht die Kinder nebenan in aller herrgottsfrühe gequengelt hätten. Tja, dafür haben wir dann früh die Waschmaschine gefüllt und den Tag in Badehose im Liegestuhl verbracht, damit mal ALLE Kleider gewaschen werden konnten.
So hiess es dann am nächsten morgen um 6 Uhr aufstehen, denn wir wollten an dem Tag so weit wie möglich Richtung Montenegro fahren. Jedoch nicht den direkten Weg, sondern durch das Tal des Flusses Cijevna und über zwei Pässe. Bisher die strengste Etappe, mit 94 km und 2190 Höhenmetern. Unterwegs wollten wir auch noch die letzten 50 Leke (0.5 CHF) ausgeben. Süssigkeiten beim Beck gab es dafür nicht mehr, dafür aber 2 Tomaten, eine Gurke und kleine, grüne Früchte, die uns die Verkäuferin noch geschenkt hat. Das Gemüse ist unglaublich günstig in Albanien, nicht selten haben wir für einen ganzen Sack voll nur 130 Leke bezahlt. So hatte Angela immer noch 20 Leke, die sie jetzt als Glücksbringer und Erinnerungsstück an die herzliche Frau vom Gemüsestand mitträgt.
Der weite Umweg hat sich mehr als gelohnt, es war landschaftlich abwechslungsreich. Zuerst mit der Aussicht auf den Shkodrasee um dann nach dem ersten Aufstieg einen umwerfenden Blick in das Tal des Flusses Cijevna und die schönsten Serpentienen zum heruntersausen zu präsentieren.
Dann ging es die Schlucht des Cijevna langsam stetig immer weiter hoch zum 2. Pass.
Unterwegs begegneten wir einer Frau, die lautstark ihre drei Kühe die Strasse hoch zur Alm trieb. Allgemein war es erstaunlich, wieviele Menschen gefühlt weitab von Dörfern zu Fuss unterwegs sind. Auch haben wir, vor allem im Süden, noch viele Menschen zu Pferd angetroffen. Es ist nicht ungewöhnlich, Pferde, Maultiere oder Esel an den Strassenrändern weiden zu sehen.
Bei der Abfahrt kamen wir dann knapp um das Gewitter herum, wir mussten nur für 5 Minuten Zuflucht unter der frisch erworbenen Blache suchen. Jetzt ging es nur noch bergab, die Strassen wurden immer schlechter, bis wir plötzlich, mitten in einem breiten Tal, vor einem kleinen Grenzübergang nach Montenegro standen.
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Nächste Etappe: Montenegro Teil 1
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