Kosovo

Von Nordmazedonien ging es dann über die Grenze nach Kosovo. Der Grenzübertritt war unkompliziert und der Zöllner auf der kosovarischen Seite hat uns gleich auf deutsch willkommen geheissen. Ein guter Start!

Unser erstes Ziel war Prizren, wofür wir aber erst über 2 Pässe mussten, insgesamt 1570 Hm. Die Strassen waren aber gut angelegt, nicht zu steil, so dass wir langsam, langsam hoch krochen und irgendwann dann oben waren. Die Gegend ist ein Naturschutzgebiet und entsprechend waren wir viel im Wald unterwegs, mit kleinen Wasserfällen ab und zu und herrlich wenig Verkehr. Auf dem zweiten, höheren Pass mussten wir kurz vor dem Regen flüchten und haben uns eine Pizza im Te Syla gegönnt (Es war ja immerhin Dienstag, also Pizzatag an Christophs Arbeitsort).

Die Abfahrt nach Prizren wurde durch die erst kürzlich aufgerissenen Strasse etwas gebremst, danach ging es dann aber mit viel Schwung durch die tolle Schlucht, die kurz vor Prizren immer enger und eindrücklicher wurde, bis man plötzlich nach einer Kurve in der lebendigen Stadt war.

In Prizren merkt man noch deutlich den osmanischen Einschlag, neben den Moscheen und der Altstadt aus dem 16. Jahrhundert gab es auch einige türkische Restaurants mit Lahmacun und Köfte im Angebot. Die Burgruine wurde von den Byzantinern begonnen und danach von allen Eroberern ausgebaut. Angela war nicht so in Sightseeingstimmung, weshalb wir den Nachmittag in einem gemütlichen Kaffee damit verbracht haben, die Fotos von Albanien und Nordmazedonien zu sortieren. Zum z'vieri gabs dann noch Baklava, zuckersüss und nussig.

Am nächsten Tag ging es, trotz schlechtem Wetter, nach Peja weiter. Als es im Regen zu grusig wurde, sind wir kurzerhand ins erstbeste Restaurant, bei einer Tankstelle. Zuerst gabs Kaffee, dann hat sich doch noch ein hüngerchen bemerkbar gemacht und so gab es noch zwei Rühreier mit Schinken. Sehr lecker!

Der Regen liess dann auch wieder nach, so dass wir die wenig spektakuläre und vielbefahrene Hauptstrasse weiter sind. Die Fahrer hier im Kosovo sind schlimmer als in den anderen Ländern bisher, ein Velofahrer aus Brasilien, den wir zufällig getroffen hatten, ist da ganz unserer Meinung. Wir wurden sogar von der Polizei und Fahrschulautos viel zu dicht überholt.

Auf dem Weg nach Peja haben wir noch das Männerkloster Visoki Decani besucht. Da es serbisch orthodox ist, wird es von der KFOR (Schutztruppe der NATO) stark bewacht, mit Strassenkontolle und Zugangspass.

So abschreckend das Äussere, so willkommen waren wir drinnen. Es war das erste Mal, dass uns ein Mönch herzlich begrüsst hat und das Kloster hat extra angestellte, die den Besuchern etwas über die Kirche und die 700 Jahre alten Fresken erzählen. Es gab sogar noch Kaffee und Schnaps und der Mönch hat uns den Eintrag von Max Frisch aus dem Jahr 1933 im Gästebuch gezeigt.

Wir haben das schlechte Wetter in Kauf genommen, weil wir für das gute Wetter in Peja sein wollten, das Mekka des Outdoorsports im Kosovo. Die Gegend ist bekannt für Aktivitäten wie Wandern, Zipline, Klettersteige, Höhlenwanderungen und Bergsteigen. Wir haben uns für die faule Variante entschieden und sind in Peja im Tal unten geblieben, statt mit dem Velo in eines der höher gelegenen Dörfer zu fahren.

Die erste Wanderung haben wir mit Fatos, einem Bergführer gemacht. Er hat uns zu zwei kleinen Seen geführt, die in den verschiedensten Grüntönen schillern. Eine leichte Wanderung, da wir den grössten Teil der Höhenmeter mit dem Auto abgekürzt haben, aber wunderschön.

Am nächsten Tag haben wir nur den Transport gebucht, zum obersten Dorf hoch, um dann von dort zum Hajla Gipfel hoch zu wandern. Der Berg hat eine lang gezogene Krete, die auch die Grenze nach Montenegro ist. Eine tolle Wanderung mit Blick in die umgebende Bergwelt.

Am dritten Tag in Peja haben wir dann noch die Wasserfälle des weissen Drin besucht, wo es auch eine kleine, gut erschlossene Höhle zu besichtigen gibt. Leider war es Sonntag und sehr gut besucht. Die Wasserfälle und die Höhle waren schön, aber nicht spezieller, als das, was wir in der Rugovaschlucht gesehen haben.

Auf dem Rückweg nach Peja gabs noch z'Mittag. Wir haben das Restaurant nach Anzahl Autos davor ausgesucht. Das Essen war gut, die Hauptattraktion waren aber die Rehe hinter dem Restaurant, die von den Kindern gefüttert werden können.

Am Nachmittag haben wir uns dann auch noch das Frauenkloster Peć (serbisch für Peja) angeschaut. Es ist ähnlich alt wie das in Deçan und hatte drei reich geschmückte Kapellen und noch ältere Ruinen im Innenhof. Auch dieses Kloster muss von der Polizei geschützt werden und hat eine zusätzliche Aussenmauer erhalten.

Die KFOR ist noch immer auf den Strassen am Patrouillieren, wie auch immer wieder Strassenschilder, auf denen die serbischen Namen übersprayt sind. Wir konnten mit Fatos ein wenig über die Zeit vor dem Krieg sprechen, als Kosovo sich für einige Zeit selbst verwaltete (1974-89), Schulen und eine Universität auf albanisch aufbaute, bis dann Milošević alles geschlossen habe und Albaner ihre Arbeit verloren haben. Fatos selbst war zu der Zeit im Abschlussjahr an der Uni und konnte sein Studium der englischen Literatur nicht beenden. So hat es ihn nach England verschlagen, wo er erst in einem Hotel arbeitete und dann eine Ausbildung zum Eisenbahningenieur machte. 2008 hat er dann angefangen, das Geschäft mit geführten Wanderung von England aus aufzubauen, so dass er jetzt fünf Festangestellte und viele Freelancer, v.a. Fahrer und Bergführer, beschäftigt. Wir können uns vorstellen, dass die Zeit von Milošević für viele Kosovoalbaner eine einschneidende Zeit war und dass es darum noch lange dauern wird, bis auch Serben wieder willkommen sind. Es macht traurig zu sehen, wie mit subtilen Mitteln gezeigt wird, wer hier nichts verloren hat. Gleichzeitig gibt es aber Projekte wie den Peaks of the Balkans, ein 10-Tages Wanderweg der durch Kosovo, Albanien und Montenegro geht, die Hoffnung machen, dass die Länder in Zukunft wieder näher zusammen rücken können.

Lustiger fanden wir die auffallend vielen Schweizer Fahnen und Firmen bzw. Produktwerbung mit Schweizbezug. So haben wir z. B. ein Swiss Hotel, die Tankstellenkette Swiss Oil, diverse Autohändler mit Schweizerkreuz und sogar die Swiss Shisha Lounge gesehen.

Über wenig befahrene Strassen ging es danach zur Grenze nach Albanien um nun den albanischen Norden und dessen Berge zu erkunden.

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